Populismus, Demokratie und Emotionen. Eine Kritik des liberalen Rationalismus

Das Votum der britischen Bevölkerung für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union und der Wahlsieg Trumps lösten eine Welle entgeisteter Reaktion in der liberalen Öffentlichkeit aus und bestätigten die von Helmut Dubiel Mitte der 1980er Jahre aufgestellte These, beim Populismus handele es sich um ein Gespenst, das liberale Gesellschaften in Angst und Schrecken versetze (Dubiel 1986). Die an das marxsche „Gespenst des Kommunismus“ angelehnte Metapher bringt dabei nicht nur zum Ausdruck, dass Populismus als Bedrohung wahrgenommen wird; sie weist zugleich darauf hin, dass Populismus aus liberaler Sicht etwas Mystisches, Nicht-Greifbares und Unerklärliches darstellt. Nicht zufällig wurde daher in zahlreichen Zeitungsartikeln der letzten Monate fieberhaft nach Erklärungen für den Aufstieg des Populismus gesucht. Die Resultate dieser Suche nehmen sich dabei nicht selten trivial aus, etwa wenn die Eigenlogik sozialer Medien, die mangelnde Bildung bestimmter sozialer Schichten oder der Anbruch eines postfaktischen Zeitalters, in der nackte Tatsachen für die politische Meinungsbildung nicht mehr zählen, zur Ursache des rechtspopulistischen Erfolgs erklärt wird. Dass man sich derart schwer tut, sich einen zufriedenstellenden Reim auf den gegenwärtigen Aufschwung rechtspopulistischer Parteien zu machen, liegt zu einem wesentlichen Teil am rationalistischen Politikbild des Liberalismus, aus dessen Perspektive das Phänomen in aller Regal betrachtet wird. Weil in seinem Verständnis von Politik Emotionen ausgeblendet bleiben, ist er nicht in der Lage, die Hintergründe des rechtspopulistischen Aufbegehrens analytisch zu fassen.

Der liberale Rationalismus

Der Liberalismus in seinem Idealtyp begreift Politik als ein rationales Geschehen. In der individualistischen Ausprägung des Liberalismus basieren politische Prozesse auf den indivduellen Präferenzordnungen der beteiligten Akteur_innen. In seiner deliberativen Variante betont der Liberalismus die Notwendigkeit Populismus, Demokratie und Emotionen. Eine Kritik des liberalen Rationalismus weiterlesen

Sprachlose Politische Theorie? Nein, oder … naja, irgendwie

Was sagen politische TheoretikerInnen in Deutschland eigentlich zu gegenwärtigen Krisen wie z. B. in Syrien oder dem Ukraine-Konflikt? Nicht viel, oder?! In der Euro(pa)-Krise konnte man sich zumindest auf Jürgen Habermas verlassen, der die politik-theoretische Lanze hoch hielt und sich mit Wolfgang Streeck eine Debatte lieferte (wobei man nicht vergessen darf, dass Habermas ebenso wie Streeck eigentlich Soziologie ist, zudem noch Philosoph und damit die Politische Theorie Habermas nur bedingt für sich reklamieren darf) oder man auch auf Hauke Brunkhorst mit seinem breit diskutierten Buch „Das doppelte Gesicht Europas“ verweisen konnte. Doch ansonsten hält sich die Zunft auffällig zurück. Warum und was sind die Gründe dafür? Sprachlose Politische Theorie? Nein, oder … naja, irgendwie weiterlesen