Zur Debatte: Eine Politische Theorie der Steuer?

Der folgende Beitrag will eine Debatte über die Frage anstoßen, inwieweit das Thema Steuern/Besteuerung Gegenstand einer bzw. der Politischen Theorie sein kann oder sogar sollte. Steuern sind meiner Wahrnehmung nach vorwiegend beliebtes Thema der Juristen (Steuerrecht), der Wirtschaftswissenschaft (Steuerschätzung, Erforschung der ökonomischen Folgen von [zu hohen] Steuern] und teils auch der eher empirischen Politikwissenschaft (Vergleiche von nationalen Steuerpolitiken). Ich kenne kein einziges Buch aus dem Bereich der Politischen Theorie, das sich (vorrangig) mit Steuern befasst und auch in Seminaren meines entsprechenden Lehrstuhls ist mir dieses Thema, das ja auch eine hohe alltagsrelevante Bedeutung hat, nie begegnet. Literaturhinweise, die dieser Wahrnehmung widersprächen, können gerne in Kommentaren gepostet werden.

Diese Ignoranz der Steuern als Gegenstand der Politischen Theorie erscheint unlogisch, denn im Gegensatz zu Steuern ist der Gegenstand Staat sehr präsent in Diskursen der Politischen Theoretiker, z. B. bei der Frage des guten oder gerechten Staates oder der Frage nach den Aufgaben eines Staates. Doch die Frage, wie sollte sich ein (demokratischer oder sozialistischer) Staat finanzieren, also wie soll er seine politisch bestimmten Aufgaben bezahlen, scheint die Theoretiker nicht so zu interessieren.

Dieser polit-theoretischen vernachlässigten Frage will ich mich im Folgenden skizzenhaft wenden und dabei zum Weiterdenken und Diskutieren einladen. Dabei gehe ich in folgenden Schritten vor: Zunächst definiere ich, was Steuern überhaupt sind und wie sie typologisch unterteilt werden können. Dann zeige ich, wie sich das Steueraufkommen in Deutschland – aufgeteilt nach Steuerart – verteilt, und betrachte anschließend, die wichtigsten Steuerarten und ihre politisch-sozialen Implikationen. Abschließend äußere ich Gedanken zu einem marxistischen, ökologischen Prämissen gerecht werdenden Steuersystem. Zur Debatte: Eine Politische Theorie der Steuer? weiterlesen

Kapitel 1: Realismus

In Kapitel 1 stellt Geuss sein Programm vor, dass die erste Annäherung an den von ihm vorgeschlagenen Realismus umreißt. Er fragt, welche Aufgabe der politischen Philosophie zukommt, wenn angenommen wird, dass menschliche Interaktion „störungsanfällig, instabil und fehlerbehaftet“ (35) verläuft. Was Geuss Realismus nennt, ist ein Verständnis von Politik, dass ihn danach fragen lässt „was in einem bestimmten Fall gut ist“ (47). Damit konkretisiert er seine bereits im Vorwort angekündigte Abkehr von metaphysischen Auffassungen von Politik. Geuss diskutiert fünf Aufgaben der politischen Theorie in diesem Kapitel.

(1)    Verständnis. Geuss stellt die Frage nach dem Selbstverständnis der politischen Philosophie. In welchem Maße können Verallgemeinerungen formuliert werden? Sind naturwissenschaftsgleiche Gesetze auf die gesellschaftliche Ebene übertragbar? Welchen Status haben hierbei geschichtliche Einsichten? (57-58)

(2)    Beurteilung. Geuss weißt darauf hin, dass es „eine einzige Dimension, anhand der allein wir in jeder Hinsicht das bessere System von dem weniger guten unterscheiden, (…) offensichtlich nicht“ gäbe (59). Dabei kritisiert er Kapitel 1: Realismus weiterlesen