Neuer AG-Lesekreis zu Claude Lefort

Nach der 4. DNGPS-Tagung sortiert sich die AG wieder und in den letzten Wochen gab es daher erste Überlegungen, welche Projekte anstehen. Der nächste inhaltliche Schritt ist ein neuer Lesekreis. Dazu haben wir entschieden , dass der Lesekreis zum französischen Philosophen Claude Lefort stattfinden wird. Wir bereiten dies in den nächsten Wochen vor und freuen uns auf eine spannende Lektüre. Denn wie Lefort in Die Frage der Demokratie selber sagt: „Mein Anliegen ist die Wiederherstellung der politischen Philosophie; dazu möchte ich beitragen und anregen.“ Wir dürfen also gespannt sein!

Mehr Informationen findet ihr dann bald hier und wer teilnehmen möchte, ist herzlich eingeladen, sich bei uns zu melden!

Offene Textrunde (VI) – Niccolò Machiavelli „Discorsi“

Frohes Neues. Diejenigen unter Euch, die dieser Tage die Gelegenheit zum Bleigießen hatten, haben sich womöglich gerade einmal wieder über das Konzept des Schicksals aufgeregt. Den Lauf des eigenen Lebens oder der Dinge überhaupt als bereits feststehend anzusehen, durch göttliche oder anderweitige Fügung determiniert zu meinen, das kommt einem auf den ersten Blick abwegig vor. Die Handlungen des Einzelnen sind dann egal. Politik ist nicht mehr nötig. Es ist ja eh alles vorher bestimmt; was soll ich mich um etwas sorgen, das eine höhere Macht bereits bestimmt. Offene Textrunde (VI) – Niccolò Machiavelli „Discorsi“ weiterlesen

Offene Textrunde (V) – Gilles Deleuze ‚Postskriptum über die Kontrollgesellschaft‘

Gilles Deleuzes ‚Postskriptum über die Kontrollgesellschaft‘ ist ein faszinierendes und zugleich etwas kryptisch anmutendes Manifest. Das grundlegende Argument des Textes ist, dass wir uns im Übergang von einem alten Gesellschaftstyp in einen neuen befinden. Dieser neue Typ ist die Kontrollgesellschaft mit ihren besonderen Eigenschaften. Der französische Philosoph schrieb den Text im Jahr 1990, viele von den damals angesprochenen Entwicklungen und Fragestellungen scheinen aber erstaunlicherweise erst heute wirklich relevant zu werden. Ich habe den Text auch deshalb für den Lesekreis ausgewählt, weil mir diese Tatsache zumindest ein bisschen erklärungsbedürftig erscheint. Meine erste und vielleicht grundlegende Frage ist also, warum ein 24 Jahre alter Text so klar bestimmte Entwicklungen benennen kann, etwa die Veränderung der Arbeitswelt, den Zerfall der Institutionen oder die Bedeutung des Computers in allen Lebensbereichen? Gerade der sloganartige Schluss des Textes passt unverändert auf die gegenwärtigen Diskussion über das unternehmerische Selbst und die zunehmende Individualisierung. Doch zurück zum Anfang.

Offene Textrunde (V) – Gilles Deleuze ‚Postskriptum über die Kontrollgesellschaft‘ weiterlesen

Offene Textrunde (IV) – Henning Schmidgen über Wissenschaft. Das Labor als Archiv und Maschine.

Zwischen unterschiedlichen Forschungsfelder, die im Überblickswerk „Poststrukturalistische Sozialwissenschaften“ dargelegt werden, findet sich auch ein Abhandlung zu Wissenschaft, was zunächst wie eine metatheoretische Abhandlung scheint…

Henning Schmidgen bemüht sich zu Beginn des Aufsatzes um eine Darstellung dessen, was sich wissenschaftsphilosophisch seit zweihundert Jahren entwickelt hat. Er schildert zwei miteinander verwobene Perspektiven: Wissenschaft als Konstruktion von Theorien, basierend auf Beobachtungen; als auch das Ableiten der Wirklichkeit aus solchen Theorien (Schmidgen 2013: 450). Unter Bezug auf Thomas Kuhn und Rudolf Carnap zeichnet er so ein dualistisches Bild zwischen Positivismus und Antipositivismus; Elementarismus und Holismus, etc. – geeint in einer Verbindung von Mikro- und Makroperspektive (Ebd.: 450). Offene Textrunde (IV) – Henning Schmidgen über Wissenschaft. Das Labor als Archiv und Maschine. weiterlesen

Offene Textrunde (III): André Gorz: Strategie der Arbeiterbewegung

Mit André Gorz betreten wir ein theoretisches Feld, das meiner Wahrnehmung nach gegenwärtig kaum noch nennenswerte Beachtung geschenkt wird. Bei Gorz haben wir es mit einem Autoren aus dem Umfeld von Jean-Paul Sartre zu tun, also einem Anhänger der Existentialphilosophie und des Marxismus, der sich im Gegensatz zu den Anhängern des von ihm kritisieren Parteimarxismus nicht scheut, die Lehren von Karl Marx zu überdenken oder auch zu verabschieden (Siehe Gorz 1980). Seine theoretischen, existentialistischen Grundannahmen sind eng mit seiner Biografie verbunden. Darauf möchte ich hier nicht en detail eingehen (vgl. dazu Krämer 2013 und Schafroth 2008), bemerkenswert ist aber u. a., dass Gorz unter zwei verschiedenen Namen publizierte (als Michael Busquet die journalistischen Texte, als André Gorz seine theoretisch-philosophischen Schriften) und dass er aufgrund der unheilbaren Krankheit seiner Frau den gemeinsamen Freitod wählte. Die Themen seiner Texte sind sowohl arbeitssoziologischer, politischer, ökologischer als auch sozialphilosophischer Natur.

Der von mir ausgesuchte Text „Zur Strategie der Arbeiterbewegung im Neokapitalismus“ ist genau 50 Jahre alt. Er steht exemplarisch für das praxisphilosophische Gesamtwerk von Gorz, der eigentlich in allen seinen Werken Antworten auf die Frage sucht: „Was hindert die Menschen zu sich selbst zu kommen, d. h. die bewußten Subjekte ihrer Handlungen zu werden und sich durch diese allseitig zu entfalten?“ (DGB-Bundesvorstand 1984: 20) Die Antworten, die Gorz gibt, haben in den 1960er bis 1980er Jahren die sozialen Bewegungen, von den 68ern über ökologische bis zu linken Gewerkschaftsbewegungen, angeregt und Anfang der 1970er sogar die politische Programmatik der Jusos und des Studierenverbandes SDS beeinflusst. Warum das Interesse an Gorz spätestens Ende der 1980er schwand, soll hier nicht erörtert werden. Meine These lautet, dass Gorz’ theoretischen Schriften mehr Aufmerksamkeit der gegenwärtigen emanzipatorischen Linken verdienen, da sie eine dem modernen Kapitalismus angepasste neomarxistische Theorie anbieten, die zugleich selbstkritisch mit den Irrtümern und theoretischen Fehlentwicklungen der im 20. Jh. dominierenden linken Strömungen (Sozialdemokratie und Marxismus-Leninismus) umgeht. Die Stärken von Gorz sind auch die auf seine eigenen politischen Ideen bezogene Selbstkritik und eine m. E. für breite gesellschaftliche Kreise verständliche Ausdrucksweise. Offene Textrunde (III): André Gorz: Strategie der Arbeiterbewegung weiterlesen